Es ist eine Binse: Die meisten von uns sind mehr auf das Sprechen trainiert als auf das Zuhören.
In Talkshows schneiden sich die Gäste gegenseitig das Wort ab. Ärzte unterbrechen ihre Patienten nach nur 30 Sekunden, weil sie eh schon zu kennen glauben, was am Ende rauskommt und auch Eltern hören Ihren Kindern oftmals nicht lange genug zu, um zu verstehen, was die Kleinen sagen wollen. Von wem und wo könnten wir heutzutage also noch das geduldige und aufmerksame Zuhören lernen? Dabei ist Zuhören wirklich der ultimative Trick in jeder Kommunikation und stärkt das emotionale Band, was Familien zusammenhält.
Wie geht Zuhören?
Ganz einfach! Vielleicht sogar etwas zu einfach? Zuhören heißt, im Gespräch einfach mal die Füße stillzuhalten und keine
- Ratschläge zu erteilen;
- Fragen zu stellen;
- Lösungsangebote zu machen;
- Interpretationen vorzunehmen;
- Bewertungen abzugeben;
- eigenen Erfahrungen hinzuzufügen.
Allein diese bedingungslose Annahme eines Menschen im Gespräch hat nachweislich eine sehr positive Wirkung auf jede Beziehungen.
Ich erlebe täglich in meinen Gesprächen mit Eltern, wie sie auf das reagieren, was ihre Kinder sagen. Das heißt, ich erlebe auch täglich, wie Eltern ganz unbewusst und unabsichtlich Reaktanz, also Abwehr und Widerstand in ihrem Kind auslösen.
Ein wenig hört man es dem Wort schon an: Sie sind mit ihrem Kind in einer Beziehung wenn Sie sich auf ihr Kind beziehen. In Gesprächen ist allerdings viel häufiger die egozentrische, d.h. auf sich selbst bezogene Kommunikation zu beoachten, als die alterozentrische Kommunikation,die sich auf das Gegenüber bezieht.
Die egozentrische Kommunikation am Beispiel
Ihr Kind sagt: „Heute haben wir Basketball im Sportunterricht gespielt und ich war im grünen Team.“
Häufige elterliche Reaktionen sind:
Ratschlag: „Wenn die Mannschaften gewählt werden, musst du unbedingt zusehen, dass du in die bessere Gruppe kommst, dann läuft das ganze Spiel gleich viel leichter für dich!“
Frage: „Aha. Warum denn nicht in der roten Mannschaft? War der Florian auch im grünen Team?
Lösungsangebot: „Hey klasse! Wenn ihr wieder Basketball spielt, musst du vorher deine Hände mit Magnesia einreiben. Dann ist die Griffigkeit deiner Hände gleich viel besser.“
Interpretation: „Ach? Das hat dir bestimmt Spaß gemacht, oder?“
Bewertung: „Basketball? Schon wieder? Mathe wäre ja eigentlich wichtiger.“
Eigene Erfahrungen hinzufügen: „Als ich früher in der Schule war, da gab es keine Basketballspiele. Wir haben nur Zirkeltraining gemacht.“
Wie vermeiden Sie Reaktanz?
Der einfachste und effektivste Weg, um Abwehr und Widerstand bei Ihrem Kind zu vermeiden, besteht darin, ihm im Gespräch die größtmögliche Freiheit zu lassen. Die Freiheit, zu sagen, was in ihm vorgeht, was es erlebt hat, welche Ideen es hat oder welcher Meinung es ist. Insbesondere die zuletzt genannte Meinungsfreiheit steht jedem Menschen – egal wie alt – uneingeschränkt zu. Diese Meinungsfreiheit ist natürlich nicht gleichzusetzen mit Handlungsfreiheit. Wir dürfen meinen, was wir wollen, aber wir dürfen nicht tun, was wir wollen. Das gilt auch für Kinder.