Gestresste Kinder

Manches kleine Kind hat einen Terminkalender wie ein Top-Manager: Sinnesgarten, Logopädie, Klavierunterricht, Seepferdchenkurs, Turnen, Waldzwerge-Nachmittag usw.  Da verwundert es nicht, wenn so ein Kleines auch genauso gestresst ist wie ein großer Konzernlenker.

Die Terminkalender von Kindern erinnern an die von Top-Managern

Leider ist der Kalendervergleich zwischen Kindern und Konzernlenkern nicht übertrieben. Beide sind zeitlich oft schlichtweg überbucht. Für Kindern gibt es zahlreiche (gute) Angebote, die Eltern bei jeder Gelegenheit daran erinnern, ihren Nachwuchs zu fördern – und das bitte möglichst frühzeitig. Bei vielen hinterlassen die Angebote sogar das Gefühl, dass es ohne sie gar nicht mehr geht und die Kinder nicht ausreichend unterstützt und gefördert würden. Allerdings ist es von der Förderung zur Überforderung oft gar nicht weit.

Studie: Kinder ähnlich gestresst wie Konzernlenker

Studien belegen, dass schon Kindergarten- und Krippenkinder massive Stresssymptome zeigen. Sie wirken nörgelig, schlafen schlecht, sind affektgeladen, haben Bauch- oder Kopfschmerzen, schreien, klammern und zeigen Trennungsängste.  Hinter diesem Verhalten stehen auch objektiv messbare Fakten wie bspw. dauerhaft erhöhte Werte des Stresshormons Cortisol. Gut ist ein hoher Cortisolspiegel dort, wo er uns aufmerksam macht, weil gerade Gefahr im Anmarsch ist. Besser ist es aber, wenn er danach auch wieder auf das normale Maß abfällt. Untersuchungen an Krippenkindern beweisen allerdings, dass deren Cortisolwerte zu Beginn der Betreuung um bis zu 100% ansteigen. Und während bei Kindern in Familienbetreuung dieser Wert im Tagesverlauf wieder sinkt, steigt er bei den Krippenkindern ständig weiter an.  Das ist ein Cortisol-Verlauf, wie wir ihn von Top-Manager im Arbeitsalltag kennen und ein handfester Beleg für das Stresserleben unserer Kleinsten, wenn sie außer Haus in Action sind.

Kinder brauchen Ruhephasen zum Stressabbau

Im Grunde wissen wir Erwachsenen es aus eigener Erfahrung: Es braucht Phasen der Erholung und des Nichtstuns. Freie Zeit, um körperlich und seelisch zur Ruhe zu kommen und das Erlebte zu verarbeiten. Was gegen Stress hilft, ist das Bindungshormon Oxytocin – der Widersacher zum Cortisol. Es wird dann ausgeschüttet, wenn wir angenehme Bindungs- und Beziehungserfahrungen machen und liebevollen Körperkontakt erfahren. Sehr gut beobachten können wir die Wirkung bspw. bei Babys, die gestillt werden oder an ihren Fingern nuckeln.

Angesichts dieser Befunde sollten Freizeit, Nichtstun und Gemeinsam-auf-der-Couch-Kuscheln viel weiter oben auf der Agenda stehen.  All das hilft der Entwicklung unserer Kleinen mehr als manch ein Mini-Fisch- oder Baby-Englisch-Kurs.

Zur Vertiefung

  •  „Die dunkle Seite der Kindheit“ (2011) ein kurzweiliger, politischer Beitrag von Rainer Böhm, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin. Eingestellt unter www.fachportal-bildung-und-seelische-gesundheit.de
  • Verdient macht sich seit einigen Jahren die Bepathen-Kinderförderung mit verschiedenen Studien zu den Ursachen und Folgen von Stress bei Kindern.
  • Ganz praktische Hilfe findet, wer im Netz nach „Entspannungsübungen für Kinder“ sucht. Die Ergebnisse reichen von Trance-Geschichten über Kinder-Meditationen bis hin zu Wimmel- und Ausmalbüchern. Genug Stoff also zum Ausprobieren!

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