Eifersucht – von den guten Seiten eines unguten Gefühls

Sie und ich stehen am Ende einer evolutionären Erfolgsgeschichte. Wir verdanken unser Dasein tausenden von Generationen erfolgreicher Vorfahren, die nicht unsere Vorfahren wären, wenn sie in Beziehungsangelegenheiten etwas falsch gemacht hätten. Bei der Partnerwahl, bei der Gestaltung von Beziehungen und bei der Fortpflanzung wäre die Vererbungskette gerissen, wäre es unseren Ahnen nicht gelungen, Beziehungen mit Hilfe von Eifersucht gegen Eindringlinge zu schützen. Das gilt für Paarbeziehungen, aber auch für die zwischen Eltern und Kindern oder Geschwistern. So gesehen hat Eifersucht eine enorm wichtige Funktion; die eines Schutzschildes. Nur leider wird sie als wichtiges und nützliches Gefühl gerne verkannt oder mit schwierigen Charakterzügen in Verbindung gebracht.

Problematisch wird Eifersucht nur dort, wo sie übers Ziel hinausschießt. Dann entwickelt sie eine emotionale Kraft, die mit Vernunft und Rationalität nicht mehr zu kontrollieren ist. Und dann kann sie auch das Beziehungsleben massiv beeinträchtigen. Menschen mit Eifersuchtsgefühlen kreisen innerlich oftmals nur noch um den anderen. Gefühle von Ohnmacht und Ausgeliefertsein entstehen. „Krankhaft“ Eifersüchtige suchen immer und immer wieder nach der Zustimmung, Bestätigung und Liebe ihres Partners und tragen stets die Angst in sich, dies alles zu verlieren.

Wenn wir uns aber vor Augen führen, dass die Ursachen der Eifersucht evolutionär sinnvolle Ängste sind, bekommt das verkannte Gefühl gleich ein ganz anderes Ansehen.

Eifersüchtige Männer befürchten z.B., nicht der leibliche Vater des Kindes zu sein, das sie mühevoll aufziehen und versorgen und in Wahrheit ein „Kuckuckskind“ ihr eigen wähnen. Frauen hingegen haben Angst, den Versorger und Beschützer der Familie zu verlieren und damit ihre sehr kostbaren, weil begrenzten Reproduktionskapazitäten verschenkt zu haben.

Neben diesen „guten Gründen“ spielen aber auch immer öfter ein geringes Selbstwertgefühl und mangelnde Selbstliebe eine Rolle für übermäßiges Beziehungsmisstrauen. Wer sich selbst nicht schätzt und liebt, unterstellt das gleiche Empfinden auch dem Partner. Für solche Menschen ist es meist kaum zu glauben, dass ihr Gegenüber sie liebt und schätzt – da helfen auch keine Liebeserklärungen und Treueschwüre.  Auch Bindungsangst kann eine Ursache sein. Die Erwartung, dass der Partner einen anderen Menschen findet, der sich ganz ohne Ängste voll und ganz auf ihn einlässt.

Wenn das Gefühl der Eifersucht zu ständiger Kontrolle, Stalking oder peinigenden Angstgefühlen führt, dann sollte es in einer Therapie behandelt werden. Denn es ist ein Unterschied, ob wir Eifersuchtsgefühle haben oder von unseren Eifersuchtsgefühlen gehabt werden. Mit Hilfe einer Therapie kann dieses Gefühl besser verstanden und damit auch meist besser akzeptiert werden. Und dann lässt sich mit diesem unguten Gefühl auch wahrscheinlich wieder gut umgehen.

Zur Vertiefung

  • Vom Berliner Psychotherapeuten Wolfgang Krüger gefällt mir das Buch: „Aus Eifersucht kann Liebe werden:  Die Heilung eines ungeliebten Gefühls.“ (2013)
  • Eine Aneinanderreihung von zahlreichen Studien – in unterhaltsamer Form aufbereitet – findet sich im Eifersuchtsklassiker von David M. Buss: „Wo warst du? Vom richtigen und vom falschen Umgang mit der Eifersucht.“ (2003)
  • Wer sich beim Lesen von Büchern schon einen therapeutischen Erfolg verspricht, der kann das Buch von Rolf Merkle lesen „Eifersucht: Vertrauen lernen – die Angst, nicht geliebt zu werden, überwinden.“  (2019)

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